Selbstbestimmt aus der Sucht: Die Vorteile der zieloffenen Suchtarbeit

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Die zieloffene Suchtarbeit ist ein innovatives Konzept, das sich auf die individuellen Bedürfnisse und Ziele von Menschen mit problematischem Konsumverhalten konzentriert. Anstatt ein striktes Abstinenzziel zu verfolgen, unterstützt diese Methode die Betroffenen dabei, ihre eigenen Ziele zu definieren, sei es eine Reduktion oder eine kontrollierte Nutzung von Substanzen.

Definition und Bedeutung

Zieloffene Suchtarbeit bedeutet, dass die Menschen, die Unterstützung suchen, selbst bestimmen können, welches Ziel sie verfolgen möchten. Dies kann bedeuten, dass sie ihren Konsum reduzieren, kontrollieren oder ganz einstellen möchten. Die Grundidee ist, dass die Veränderung des Konsumverhaltens dort ansetzt, wo die Betroffenen motiviert und zuversichtlich sind.

Historischer Hintergrund

Historisch gesehen wurde der Begriff im deutschsprachigen Raum durch die Arbeiten in der systemischen Suchtberatung geprägt. Zieloffene Suchtarbeit ist veränderungsorientiert und basiert auf einer Haltung der Offenheit und Akzeptanz gegenüber den Wünschen und Bedürfnissen der Klienten. Diese Herangehensweise steht im Kontrast zu traditionellen Methoden, die häufig auf Abstinenz als einziges Ziel setzen.

Praktische Anwendung

In der Praxis bedeutet zieloffene Suchtarbeit, dass Berater und Therapeuten eine Vielzahl von Behandlungsoptionen anbieten müssen, die auf die individuellen Ziele der Klienten abgestimmt sind. Dies umfasst:

  • Abstinenzorientierte Programme: Diese Programme zielen darauf ab, den Konsum vollständig zu beenden
  • Konsumkontrollprogramme: Hier geht es darum, den Konsum zu reduzieren und unter Kontrolle zu halten, wie z.B. durch das „Kontrollierte Trinken“ (KT)
  • Schadensminimierung: Maßnahmen, die darauf abzielen, die negativen Folgen des Konsums zu reduzieren, selbst wenn der Konsum weiterhin besteht

Erfolgsfaktoren

Ein entscheidender Faktor für den Erfolg der zieloffenen Suchtarbeit ist die Haltung der Beratenden. Diese müssen offen und wertfrei sein, die Autonomie und Selbstbestimmung der Klienten respektieren und sie dabei unterstützen, realistische und erreichbare Ziele zu setzen. Studien haben gezeigt, dass diese Herangehensweise die Behandlungsquote erhöhen und die Erfolgsrate verbessern kann, da sie die Motivation und Selbstwirksamkeit der Klienten stärkt.

 

Herausforderungen und gesellschaftliche Akzeptanz

Obwohl die zieloffene Suchtarbeit in der Praxis erfolgreich ist, gibt es nach wie vor Herausforderungen in der gesellschaftlichen und politischen Akzeptanz. Viele Finanzierungsmodelle und therapeutische Angebote sind immer noch stark auf Abstinenz ausgerichtet. Es bedarf einer umfassenden Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung, um die Vorteile und Möglichkeiten der zieloffenen Suchtarbeit bekannter zu machen.

 

Beispiel: Programm „Kontrolliertes Trinken“ (KT)

Das Programm „Kontrolliertes Trinken“ (KT) ist eines der bekanntesten Konsumkontrollprogramme im deutschsprachigen Raum. Es basiert auf verhaltenstherapeutischen Prinzipien und beinhaltet eine strukturierte Vorgehensweise, bei der die Teilnehmenden ihren Konsum planen und kontrollieren. Dies hilft ihnen, ihren Konsum schrittweise zu reduzieren und die Kontrolle darüber zurückzugewinnen.

E-Learning Kurs

Für alle, die tiefer in das Thema einsteigen möchten, bieten wir einen zertifizierten E-Learning Kurs zur Fachkraft für systemische Suchtberatung an. Dieser Kurs vermittelt umfassende Kenntnisse und praktische Fähigkeiten, um Menschen in der zieloffenen Suchtarbeit professionell zu begleiten. Weitere Informationen finden Sie hier: Zertifikatslehrgang Fachkraft für systemische Suchtberatung.

 

Fazit

Die zieloffene Suchtarbeit stellt eine wertvolle Ergänzung zu traditionellen Suchtberatungsansätzen dar, indem sie die Selbstbestimmung und Motivation der Klienten in den Mittelpunkt stellt. Diese Herangehensweise ermöglicht es, Menschen dort abzuholen, wo sie stehen, und sie auf ihrem individuellen Weg zu unterstützen.

 

Für weiterführende Informationen und tiefergehende Einblicke können Sie unser Interview mit Sebastian Jorns anschauen, der umfassend über dieses Thema spricht.

 

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