Was sind Giftsätze?
Giftsätze sind negative Überzeugungen, die wir gnadenlos befolgen möchten, bewusst oder unbewusst. Sie können aus biografischen Erfahrungen heraus entstehen und werden zu unbewussten Regeln, an die wir uns halten möchten. Diese Giftsätze versetzen uns häufig in einen Dauerstress-Zustand, aus dem wir nur schwer wieder heraustreten können.
Um aus diesem „Teufelskreis“ wieder auszusteigen, bedarf es daher einer Reflexion und Verinnerlichung dieser Giftsätze, um zu verstehen, wie diese uns in unserem täglichen Handeln beeinflussen. Psychologen und Psychotherapeuten raten daher zur sogenannten „Giftsätze-Übung“, welche die folgenden Schritte beinhaltet:
Schritt 1: Die Vorbereitung
Schreiben Sie auf ein leeres Blatt Papier die folgenden Satzanfänge:
„Ich muss …“, „Ich darf nicht …“ und „Ich kann nicht …“.
Schritt 2: Giftsätze aufspüren
Stellen Sie sich die Frage, welche Vorsätze Sie sich täglich setzen. Woran orientieren Sie sich täglich im beruflichen oder auch im privaten Kontext? Gibt es Vorsätze, die Sie davon abhalten, etwas Bestimmtes zu tun oder nicht zu tun? Machen Sie sich auf die Suche nach Regeln, die Sie im Laufe der Zeit verinnerlicht haben. Suchen Sie nach Imperativen!
Beispiele hierfür können möglicherweise folgende Sätze sein:
,,Ich muss besser als die anderen sein!“
,,Ich darf nicht aufhören, bevor ich die Aufgabe beendet habe!“
,,Ich kann nicht nur das bloße Minimum leisten!“
Schritt 3: Die Reflexion
Was lösen diese Sätze in Ihnen aus? Verspüren Sie ein zustimmendes Gefühl oder eher Stress? Reflektieren Sie, welche Bedeutung diese Sätze in konkreten Situationen für Sie haben und wie sich diese in gewissen Situationen auf Ihr Handeln ausüben. Hinterfragen Sie auch ruhig einmal, woher diese Sätze stammen. Sind Sie Ihnen beispielsweise von Ihren Mitmenschen ,,eingetrichtert“ worden? Welchen Nutzen haben diese Sätze für Ihre Entscheidungen? Suchen Sie den Weg zur bewussten Betrachtung der negativen Aspekte dieser Sätze.
Schritt 4: Die Umformulierung
In diesem Schritt der Übung schauen Sie sich die Formulierung der Sätze genauer an und formulieren diese radikal um!
,,Ich muss …“ wird zu ,,Ich entscheide mich dazu/Ich möchte …“
,,Ich darf nicht …“ wird zu ,,Ich erlaube mir nicht …“
,,Ich kann nicht …“ wird zu ,,Ich möchte nicht …“
An dieser Stelle beginnt nun die eigentliche Reflexion: Verinnerlichen Sie sich, dass Sie allein entscheiden, wie Sie Ihr Leben gestalten möchten. Ihre Entscheidungen und Grundsätze liegen in Ihrer eigenen Hand und somit auch die Auslegung dieser. Formulieren Sie die Anforderungen, die Sie an sich selbst stellen so um, dass Sie zufrieden sind und diesen Forderungen auch nachgehen möchten.
Dadurch rufen Sie sich wieder ein Gefühl von Flexibilität und Eigenverantwortung über Ihr eigenes Denken und Handeln ins Bewusstsein und lösen sich von alten Denkmustern. Legen Sie die Bedeutung hinter diesen negativ behafteten Sätzen so aus, wie sie tatsächlich gemeint sein sollen beziehungsweise, wie Sie persönlich diese Sätze verstehen möchten.
Beispiel:
,,Ich möchte besser sein als die anderen!“
,,Ich erlaube mir nicht aufzuhören, bevor ich die Aufgabe erledigt habe!“
,,Ich möchte mehr als das bloße Minimum leisten!“
Diese Formulierungen helfen Ihnen dabei einzusehen, dass Sie selbst entscheiden, was Sie wollen und was eben nicht.
Fazit
Giftsätze können uns in unseren Entscheidungen beeinflussen und unsere tatsächlichen Überzeugungen stark in den Hintergrund drängen. Mithilfe der Giftsätze-Übung wagen Sie einen Versuch, Ihren Blick für die Gnadenlosigkeit dieser Sätze zu öffnen. So können Sie eine Differenzierung zwischen Denken und Handeln schaffen und einen Schritt in die Richtung von mehr Ehrlichkeit zu sich selbst wagen. Zu bedenken ist dennoch, dass diese Übung nicht auf einen Schlag all Ihre Probleme lösen kann! Dennoch – Mithilfe des Bewusstseins über Ihre Entscheidungen beginnt der Prozess, in dem Sie auch Ihr eigenes Verhalten ändern können.
Andererseits kann Ihnen die Übung auch dabei helfen, eine Kompromisslösung für Ihre Stresssituation zu finden. Sie können eine andere Haltung erarbeiten, welche positiver angesetzt ist und die Sie stattdessen einnehmen möchten. So kann auch aus dem Satz ,,Ich möchte besser als die anderen sein!“ beispielsweise auch folgender Gedanke entstehen:
,,Ich möchte mir eingestehen können, dass ich mein Bestes gegeben habe!“